Geht es um das gesündere Bauen, Wohnen und Renovieren, fällt meistens schon in den ersten Absätzen der Begriff Formaldehyd, der exakte Name ist Methanal. Nicht selten wird der Stoff als typischer Vertreter für flüchtige organische Verbindungen VOC genannt, genauer betrachtet, gehört er aber als einer von vielen Stoffen zur Gruppe der leichter flüchtigen VVOC.
Schaut man in die Medien, ist Formaldehyd nach wie vor allgegenwärtig. Gerade Schulen und Kindergarten sind in den Focus geraten. Denn selbst seit Jahrzehnten verwendete Einbaumöbel oder Deckenverkleidungen können noch Formaldehyd abgeben. Besonders starke Emissionen können entstehen, wenn formaldehydhaltige Spanplatten nass werden. Dann kann die Belastung durch das reizende Gas stark ansteigen, obwohl die Quelle schon Jahrzehnte alt und damit aus dem Gedächtnis verschwunden ist. Dies ist auf die häufige Verwendung von Spanplatten für Möbel oder den Innenausbau zurückzuführen, die mit formaldehydhaltigem Kleber verleimt wurden.
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Der Stoff ist aber auch in Farben, Lacken sowie in manchen Textilien und Teppichmaterialien enthalten. Auch in Desinfektions- und Konservierungsmitteln findet man die Substanz, die unter anderem Reizungen der Schleimhäute und Augen, Kopfschmerzen und allergische Reaktionen hervorrufen kann. Auch Rauchen führt zu hohen Belastungen mit Formaldehyd. In hohen Konzentrationen ist Formaldehyd als krebserregend eingestuft, zudem kann er Konzentrationsfähigkeit und Schlaf beeinträchtigen.
Formaldehyd kommt auch in Massivholzern vor, in Vollholz allerdings in sehr geringen Mengen. Trotzdem sind von daher Werbeaussagen, die »formaldehydfreie« Baustoffe aus Holz oder gar Häuser versprechen, sehr kritisch zu betrachten. Meistens ist gemeint, dass Holzwerkstoffe mit formaldehydfreien Klebern verleimt wurden. Das heißt aber nicht, dass überhaupt kein Formaldehyd nachgewiesen werden kann.
Die Richt- oder Grenzwerte sind unterschiedlich. Der Ausschuss für Innenraumrichtwerte beim Umweltbundesamt hat seinen Vorsorge-Richtwert im Jahr 2016 von 120 auf 100 µg/m³ gesenkt. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt 60 µg/m³. Hier liegt auch der Grenzwert, den das Sentinel Haus Institut und der TUV Rheinland für ihre Auszeichnung »schadstoffgeprüft« ansetzen.
Insgesamt ist die durchschnittliche Belastung durch Formaldehyd über die Jahrzehnte deutlich gesunken. So fand sich bei einer im Jahr 2008 veröffentlichten, für Deutschland repräsentativen Untersuchung der Innenraumluft (Kinder-Umwelt-Survey) von Kinderzimmern über sieben Tage üblicherweise (95. Perzentil) bis 50 µg Formaldehyd/m3 und damit etwa halb so hohe Konzentrationen wie 1985/86. In der Zwischenzeit durften sich die Durchschnittswerte weiter verringert haben. Dieser Umstand darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Formaldehyd nach wie vor zu Schadensfallen führen kann. Deshalb ist eine Kontrolle nach wie vor wichtig.
Die zurückgehenden durchschnittlichen Konzentrationen haben auch damit zu tun, dass bei Holzwerkstoffen und Dämmstoffen formaldehydarme oder formaldehydfreie Klebstoffe eingesetzt werden. Diese sogenannten PMDI-Binder enthalten Isocyanate und sind in der Herstellung und Verarbeitung keinesfalls gesundheitlich unbedenklich. Im ausgehärteten Zustand im Produkt gibt es aber keine gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die über das normal notwendige Schutzniveau hinausgehen, weder im eingebauten Zustand noch bei der Bearbeitung. Dies haben unabhängig voneinander sowohl das Umweltbundesamt als auch der internationale Verein natureplus festgestellt.
So verwenden Fertighausunternehmen, die der Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau QDF angehören für ihre Hauser in Holzbauweise heute entsprechende Produkte, deren Formaldehydemissionen 0,03 ppm (part per million) – gesetzlich erlaubt sind 0,1 ppm (0,1 ppm = 120 µg/m³) – nicht überschreiten. Die von SchwörerHaus verwendeten Spanplatten, aus denen die Wände und Decken bestehen, sind beispielsweise mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. Sie sind vollständig formaldehydfrei verleimt und haben sehr geringe Emissionswerte, welche sich vor allem auf den natürlichen Gehalt im Holz selbst zurückführen lassen.
Damit haben solche Holzwerkstoffe Vorteile gegenüber den häufig verwendeten Standard- OSB-Platten (OSB – Oriented Strand Board). Diese bestehen aus groben, gepressten Holzschnitzeln, englisch Strands. Durch den hohen Druck und die hohen Temperaturen während der Herstellung können Schadstoffe entstehen. Das kann der Fall sein, wenn die Platte viel harzhaltiges Holz enthalt, zum Beispiel Kiefernholz. Es gibt auch emissionsarme OSB-Platten, zum Beispiel aus Fichtenholz. Allerdings sind nur wenige dieser an sich ökologischen Produkte auf dem Markt, die über zugesicherte gesundheitliche Eigenschaften verfügen. Aktuell gibt es keine Standard-OSB-Platte, die eines der hochwertigen Label oder Gütezeichen für gesundheitlich geprüfte Bauprodukte trägt.
Fazit: Ein formaldehydarmer Holzbau ist heute möglich. Als Bauherr sollte man auf Angaben konkreter Raumluftwerte achten und Produkten mit geringen Emissionen, auch anderer Schadstoffe, den Vorzug geben.