Man sieht es nicht, man riecht es nicht, man kann es nicht schmecken. Trotzdem sterben in Deutschland jedes Jahr circa 1.900 Menschen durch Radon. Das sind mehr als die Hälfte aller Menschen, die im Straßenverkehr sterben. Dabei ist Radon in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.
Was ist Radon?
Radon (Rn 222) ist ein radioaktives Gas, das durch den Zerfall von überall in der Erdkruste vorkommendem Uran entsteht. Es dringt an die Erdoberflache und verteilt sich dort. Die Konzentration in der Außenluft ist dadurch relativ gering. Gemessen wird diese in Innenraumen in Becquerel je Kubikmeter Raumluft, abgekürzt Bq/m³. Mit der Atemluft wird Radon eingeatmet und gelangt in die Lunge. Das Gas hat eine Halbwertszeit von rund vier Tagen und wird zum größten Teil wieder ausgeatmet. Gefährlich ist nicht das Radon selbst, sondern vor allem die kurzlebigen, radioaktiven Zerfallsprodukte. Diese radioaktiven Isotope der Elemente Polonium, Wismut und Blei lagern sich den in der Luft befindlichen Schwebeteilchen (Aerosole) oder kleinsten Staubteilchen an, gelangen in den Atemtrakt und zerfallen dort vollständig. Dabei entsteht eine energiereiche, radioaktive Alphastrahlung, die auf die strahlenempfindlichen Lungenzellen (Bronchialepithel) wirkt.
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Die Strahlung kann das Erbgut der Zellen schädigen, die sich dann über Jahrzehnte zu Krebszellen entwickeln können. Besonders Raucher sind durch Radon gefährdet, da ihre Lunge bereits durch die vielen Schadstoffe im Tabakrauch geschädigt und so besonders anfällig ist. Nach Angaben des Bundesamts für Strahlensicherheit, der wichtigsten deutschen Behörde hinsichtlich Radioaktivität, liegt das Risiko, bis zum 75. Lebensjahr an Lungenkrebs zu erkranken, für Nichtraucher ohne Radonbelastung bei 4,1 Sterbefallen pro 1.000 Personen. Bei einer Radonbelastung von dauerhaft 800 Becquerel/m³ sterben statistisch 9,3 von 1.000 Nichtrauchern an Lungenkrebs. Bei Rauchern steigt die Zahl der Todesfälle durch Lungenkrebs im selben Alter von 101 je 1.000 Personen ohne Radonbelastung (null Becquerel) überproportional auf 216 Lungenkrebstote je 1.000 Raucher im langjährigen Durchschnitt.
Wie ist das Radon-Vorkommen in Deutschland?
Radon ist überall in unserer Umwelt messbar. Das Risiko ist aber nicht überall gleich: Denn der Anteil radioaktiven Gesteins und damit von Radon in der Bodenluft ist in einigen Regionen deutlich erhöht. Beispiele sind der Bayerische Wald, das Erzgebirge, das Voralpenland und die Region nördlich von München. Auch Teile des Thüringer Waldes, der südliche Schwarzwald sowie die Region um Kiel sind auffällig. Darüber hinaus gibt es noch regionale Hotspots. Auskunft erhält man auf Nachfrage beim jeweiligen Geologischen Landesamt oder der örtlichen Baubehörde. Einige Städte veröffentlichen auch detaillierte Karten mit der Radonbelastung in der Bodenluft. Allerdings erlauben solche Angaben lediglich eine Einschätzung, wie dringend eine Messung im eigenen Haus oder vor dem Hausbau ist. Denn nur eine solche Messung vor Ort stellt sicher, ob man Radon in erhöhten Konzentrationen im Boden oder im Haus hat.
Im April 2017 hat der Bundestag eine umfassende Neuordnung des Strahlenschutzrechts verabschiedet. Darin ist der Referenzwert für Innenraum von 300 Becquerel/m³ festgeschrieben. Das ist das laut EU-Verordnung minimale Schutzniveau. Ein niedrigerer Wert wäre laut EU ausdrücklich möglich gewesen. Zahlreiche Experten, etwa vom Bundesamt für Strahlenschutz und andere, hatten intensiv für einen Referenzwert von 100 Bq/m³ geworben. Doch einige Bundesländer scheuten die Konsequenzen. Denn der niedrigere Wert hatte die Zahl der Gebäude, die entsprechend saniert werden mussten, deutlich erhöht. Auch bei Neubauten wäre der Aufwand in den genannten Regionen höher, den Wert einzuhalten. Das betrifft sowohl öffentliche Gebäude, aber auch private.
Wie kann man die Radonbelastung messen?
Das Messen der Radonbelastung im Gebäude ist einfach und kann für den Anfang auch in Eigenregie gemacht werden. Dabei gilt: Je länger eine Radonmessung läuft, umso genauer sind die Ergebnisse. Eine erste Übersichtsmessung sollte mindestens vier Wochen dauern. Eine genauere Überprüfung dauert ein Jahr. Eine gute und preiswerte Möglichkeit für eine erste Einschätzung ist, ein Messgerät auszuleihen. Direkt nach dem Anschalten des Gerätes wird bereits ein aktueller Wert angezeigt, über die gesamte Messdauer wird neben dem aktuellen Wert zudem ein Mittelwert angezeigt. Je länger die Messdauer, desto aussagekräftiger die Angabe des Mittelwertes. Es gibt auch private Anbieter, die Geräte verkaufen oder verleihen. Empfehlenswert ist es, in der Heizperiode zu messen, weil dann der Kamineffekt aus dem Keller am stärksten ist.
Bei diesem Effekt zieht warme Luft aus dem Wohnbereich kühlere Luft aus dem Keller nach, die dann wiederum durch radonhaltige Bodenluft ersetzt wird.
Das Messgerat sollte fest an einem Platz in einem Raum aufgestellt werden, der regelmäßig benutzt wird. Am besten das Schlafzimmer oder das Wohnzimmer. Gut ist ein Ort, an dem es nicht zieht. Also nicht auf der Fensterbank oder neben einer Tür. Wichtig ist, auch bei Messungen von externen Gutachtern, dass das Gerat kalibriert ist. Die Kalibrierung soll nicht älter als zwei Jahre sein, zu erkennen ist dies an einem Aufkleber am Gerät.
Auch wenn erhöhte Radon-Werte ermittelt werden, ist das kein Grund zur Panik.
Radon ist zwar gefährlich, entfaltet seine Wirkung in Wohnhäusern aber erst über Jahrzehnte. Als erste direkte Abhilfe kann man einfach häufiger und intensiver lüften. Das ist natürlich keine Dauerlösung. Als Nächstes kann man die Messungen fortsetzen und auf weiterem Raum ausdehnen. Entscheidend ist der Jahresmittelwert, der in der Regel unter dem Kurzzeitwert liegt. Auch sollte man nicht übereilt teure Sanierungsmaßnahmen aus der Kurzzeitmessung ableiten oder sich von unseriösen Anbietern zu so etwas drängen lassen.
Wie kann Radon bei einem Neubau vermieden werden?
Bei Neubauten wie Fertighäusern versperren ein mit Bitumendichtmasse abgedichteter Fertigkeller aus Beton oder wasserdurchlässigem Beton, Gasdichte Manschetten für die Durchführungen von Strom- und Datenkabeln sowie Gas- und (Ab-)Wasserrohren Radon den Weg ins Haus. Nur bei besonders hohen Belastungen vor Ort ist eine spezielle zugelassene Frischbeton-Verbundfolie notwendig, die die Radonbelastung verhindert. Eine weitere Variante ist eine Drainage mit elektrischem Ventilator.
Ältere Hauser mit gemauertem Keller oder Naturkellerboden sind eher gefährdet als Neubauten mit Betonkeller. Eine generelle Entwarnung gibt es hier nicht. Ergibt eine Messung vor Ort eine erhöhte Belastung, empfiehlt es sich, auch hier verstärkt zu lüften, eventuell mit elektrischen Lüftern. Danach sollte man Ritzen und Fugen in Kellerwand und -boden mit dauerelastischen Dichtmassen verschließen. Eine weitere Maßnahme ist, alle Möglichkeiten für den Luftaustausch zwischen Boden und Haus zu verhindern, zum Beispiel an Revisionsklappen für Öltanks oder Sickergruben, Öffnungen rund um Rohre oder Kabel oder an der Kellertür. Bei hohen Belastungen kann man nach Planung durch einen Experten die radonhaltige Luft aktiv aus dem Keller beziehungsweise aus dem Erdreich unter dem Haus absaugen. Dies ist allerdings aufwendig und entsprechend teuer.
Fazit: Das bei vielen Menschen noch unbekannte Krankheitsrisiko durch Radon in zahlreichen Regionen bekommt man durch genaue Untersuchungen und gutes Bauen und Sanieren in den Griff.